Es gibt deutliche Unterschiede, wie sich Gäste zu Hause bzw. während ihrer Ferien verhalten. Das hat unter anderem damit zu tun, dass man den Urlaub ohne Einschränkungen genießen möchte“, erklärt Wissenschaftlerin Bettina Grün von der WU Wien, warum Alltag und Ferien so unterschiedlich, das Verhalten gleicher Personen betreffend, sein können. Insofern ist es wenig überraschend, dass im Alltag sehr umweltschonend lebende Personen, im Urlaub dem Umweltschutz viel weniger Bedeutung schenken. „Die meisten Menschen sind in ihren Ferien mehr auf Hedonismus und Loslassen eingestellt, als auf Vernunft und Verzicht. Und sie finden viele Entschuldigungen, warum sie sich im Urlaub nicht so vorbildhaft verhalten wie zuhause“, berichtet Grün von ihrer aktuellen Forschungsarbeit zu „Umweltschonendem Verhalten im Tourismus“.
„Richtige“ Verhaltensanreize wählen
„Wir haben festgestellt, dass es viele Appelle gibt, die sich direkt auf die Umwelt beziehen, etwa das Handtuch nochmals zu verwenden oder sein Zimmer nicht jeden Tag reinigen zu lassen, und dadurch die Umwelt zu schonen. Deshalb haben wir ganz bewusst andere Argumente gewählt“, gibt die Wissenschaftlerin Einblick in die gemeinsam mit der Universität Ljubljana durchgeführte Forschung. Während im Alltag Einsparungen bei Müll, Strom oder Wasser in der eigenen Brieftasche spürbar werden, haben solche finanziellen Anreize für den einzelnen Gast im Urlaub keine Bedeutung. „Als Appelle haben wir neben Umweltargumenten etwa auf soziale Normen, also die Information, wie sich Andere verhalten oder auf Humor gesetzt. Die Wirksamkeit gesteigert haben vor allem aber Verlosungen oder Belohnungen. Wer etwa auf die Zimmerreinigung verzichtet hat, bekam einen Bar-Gutschein, um sich vor dem Essen einen Aperitif zu gönnen. Das hat sehr gut funktioniert“, erzählt die Wissenschaftlerin. Wichtig bei solchen Belohnungen ist, dass sie Gästenutzen stiften, aber dennoch keinen relevanten Umsatzverlust verursachen. Ebenso entscheidend war, so Grün, bei allen Maßnahmen sicherzustellen, dass sie sich nicht negativ auf die Zufriedenheit der Gäste auswirken. Weitere zentrale Erkenntnisse der ForscherInnen um Bettina Grün sind:
- Spielerische Zugänge in vergnügungsorientierten Kontexten können erfolgreich Verhaltensänderungen bewirken.
- Es gibt keine allgemeingültigen Lösungen, sondern es müssen Appelle für verschiedene Zielgruppen erdacht werden.
- Der Mitarbeiter-Schulungsbedarf ist nicht zu unterschätzen, wenn die Maßnahmen an das Verhalten des Personals (etwa Reinigung oder Service) gebunden sind.
Was heißt das konkret?
Umgelegt auf das einzelne Seilbahn- oder Tourismusunternehmen sowie auf Tourismusdestinationen ergeben sich konkrete Denkanstöße.
- Alltag ≠ Urlaub: Bei allen Überlegungen bezüglich Zielgruppen und Urlaubsmotiven potenzieller Gäste gilt es im Hinterkopf zu haben, dass oft im Urlaub eine Gegenwelt zum Alltag gesucht wird und dass Vernunft im Alltag nicht automatisch auch Vernunft im Urlaub bedeutet.
- Öko-Verhalten spart Geld: Im Alltag ja, weil etwa weniger Stromverbrauch niedrigere Kosten bedeutet. Im Urlaub – aus Gastperspektive nicht, weil etwa die Übernachtung gleich viel kostet, ob man viel oder wenig Strom verbraucht.
- Belohnungen zur Steuerung: Besser als rationale Argumente wirken Belohnungen. Wenn man bei seinem Gast eine Verhaltensänderung erreichen will, muss man sich überlegen, wie man dafür „danke“ sagt.
- Information PLUS: Zu informieren alleine reicht nicht. Es braucht mehr, etwa ein „Versprechen“, das man den Gästen abnimmt, nachdem sie informiert wurden. Solche Versprechen in der Gruppe abgegeben verstärken die Wirkung. Bettina Grün liefert ein entsprechendes Beispiel. „In Grönland wurden bei Gletscherbeobachtungstouren Gäste informiert, zur Schonung der Natur am Weg zu bleiben. Dann wurde ihnen das Versprechen abgenommen, sich daran zu halten, was die meisten in der Folge auch taten.“
Projekt „Umweltschonendes Verhalten im Tourismus“
Ein interdisziplinäres Team (Wirtschaftsuniversität Wien und Universität Ljubljana) untersucht, wie Verhaltensappelle im Urlaub wirken.
Kontakt:
Assoz. Prof. Dr. Bettina Grün (im Bild) | WU Wien | bettina.gruen@wu.ac.at | www.wu.ac.at