Winter im September. Erstmals seit vielen Monaten liegt frischer Schnee auf den Bergen. Oft weit mehr als ein Meter. Nur logisch, dass wir am liebsten sofort loslegen würden. Uns bremsen nur die mahnenden Worte der Profis, leider bestätigt durch die ersten Lawinen- bzw. Schneetodesfälle des Winters, der ja noch gar nicht begonnen hat. „Er ist noch lange genug, der Winter. Ich rate daher, sich nach ersten Schneefällen Zeit zu lassen, bevor man zu ersten Skitouren aufbricht. Wann erste Touren ratsam sind, ist jeden Winter grundverschieden und sehr situationsabhängig“, relativiert der Villacher Bergführer Sepp Egarter unsere Saisonstart-Euphorie. Ähnlich sieht es sein Bergführerkollege Michael Mautz: „Nach dem ersten Schneefall gehe ich noch nicht auf Skitour, denn der frische Schnee ist meist nicht ideal. Man sinkt weit ein, oft bis zum Untergrund. Erst wenn sich der Schnee etwas gesetzt hat, ist es sinnvoll, in die Saison zu starten. Davor ist das Unfallrisiko enorm. Felsen, Baumstümpfe, umgestürzte Bäume oder Latschen sowie in hochalpinen Regionen Gletscherspalten müssen zuerst ausreichend mit durchgefrorenem Schnee bedeckt sein.“ Pragmatisch bringt es der ehemalige Freeride-Profi Flo Köfer auf den Punkt, „zuerst muss es kalt sein und erster Grundschnee gefallen sein. Schneit es in der Folge noch einmal, ist der Moment gekommen, die Skitourensaison zu starten“. „Eine frische Schneedecke hat keinen Halt, wenn der Boden vor dem ersten Schneefall noch nicht gefroren ist. Das kann – wie wir Mitte September gesehen haben – zu Grundlawinen führen, wo der gesamte Schnee bis zum Boden abrutscht“, konkretisiert Egarter, Grandseigneur der Kärntner Berg- und Skiführer und Chef der Villacher Alpinschule 4 Jahreszeiten, das Lawinenrisiko. Solche Lawinen können, wenn es steil genug ist, bis weit in nicht schneebedecktes Gebiet abgehen. Auch das zeigte sich bei den September-Lawinenunfällen. „Selbst wenn es zu Saisonbeginn vielleicht noch nicht so viel Schnee gibt, heißt das nicht, dass die Lawinengefahr gering ist. Windverfrachtungen oder unterhalb der Oberfläche noch grobkörniger Schnee und eine insgesamt wenig kompakte Schneedecke sorgen gerade am Beginn des Winters oft für ein nicht zu unterschätzendes Risiko“, erläutert der Gailtaler Bergführer Sepp Szöke.
Mehr Spaß dank guter Vorbereitung
Wer von der ersten Skitour an Spaß haben möchte, sollte, so Chris Wutte, Autor mehrerer Skitourenführer und Bergretter, rechtzeitig die gesamte Ausrüstung zu checken. Die Klebeleistung der Felle etwa ist zu prüfen, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden. „Ebenso wichtig ist zu schauen, ob die Skischuhe im Abfahrtsmodus auch wirklich in die Bindung passen. Das verhindert gefährliche Überraschungen am Gipfel, weil man das Nicht-Passen womöglich erst nach dem Aufstieg am Gipfel feststellt“, bricht Mautz, der Geschäftsführer der Klagenfurter Alpinschule High Life ist, eine Lanze für den gewissenhaften Ausrüstungscheck. Ebenso ratsam ist es, die Tourenskischuhe zuhause anzuziehen und sich so an etwaige Druck- oder Reibestellen zu erinnern. Dann kann man mit Tape oder Anti-Reibe-Cremen vorsorgen. Auch dem LVS-Gerät sollten wir vor Saisonbeginn Aufmerksamkeit schenken. Neue Batterien sind Standard. Zu checken, ob es Software-Updates für das LVS gibt macht auch Sinn. Und Funktionsweise des LVS-Geräts durchzuspielen kann nicht schaden. Hat man einen Lawinen-Airbag im Einsatz, so sind Batteriewechsel bzw. Akkuaufladung bei elektrischen Auslösesystemen oder das Prüfen der Airbag-Kartuschen zwingend notwendig.
Um den Abfahrtsgenuss vom ersten Skitourentag an auskosten zu können, ist es überlegenswert, ein oder zwei Pistenskitage mit Tourenski und Tourenskischuhen einzuschieben und dabei wo möglich, des Tiefschneetrainings wegen, neben der Piste abzufahren. Wenig routinierten Skitourengehern sind gezielte Trainings bzw. Kurse zu empfehlen. „Wir bieten, wie viele andere als Alpinschulen auch, Tourengeherkurse an. Etwa Tiefschnee-Skitechniktrainings für mehr Spaß in der Abfahrt. Safety-Academy-Tage fürs Auffrischen des Einsatzes der Notfallausrüstung. Oder spezielle Skitouren-Einsteigerkurse“, beschreibt Mautz das High Life-Kursangebot.
Solide vorbereitet, gilt es am Saisonanfang den Genuss, wieder im Schnee unterwegs zu sein, in den Vordergrund stellen und nicht schon die ersten Touren überambitioniert lang und schwierig anzulegen. „Obwohl im Frühwinter die Motivation besonders groß ist, müssen wir bedenken, dass wir am Beginn der neuen Saison nicht auf dem Level starten, auf dem wir am Ende des vergangenen Winters waren“, erklärt Mautz.
Touren – ideal zum Starten
Berge oder einzelne Touren, die sich im Frühwinter, aber auch generel,l als erste Touren der Saison eignen, gibt es in Kärnten zahlreiche. Wer es unproblematisch will, nützt – sobald er präpariert ist – den breiten Skitouren- und Winterwanderweg am Dobratsch von der Rosstratte auf den Gipfel oder die Pistengeher-Aufstiegsmöglichkeiten auf der Gerlitzen Alpe ab Klösterle. „Beim Aufstieg auf Pisten muss man die Vorgaben der Seilbahnunternehmen einhalten. Auf beschneiten Pisten, die noch nicht freigegeben sind, aufzusteigen, ist aus gutem Grund verboten“, weiß Egarter. „Man sollte anfangs unproblematisches Gelände wählen, am besten mit Wiesen als Untergrund, das man im Idealfall vom Sommer her kennt“, sagt Mautz. „Frühe Touren unterhalb der Waldgrenze empfehle ich ebenso nicht wie solche in Gelände, das stark bewachsen ist. Besser ist es, am Saisonanfang über der Waldgrenze zu bleiben“, betont Egarter.
Sehr gut für erste Touren eignen sich die Nockberge insbesondere im Großraum Innerkrems (siehe Tipps von Sepp Egarter) sowie vom Falkertsee aus (siehe Tipps von Flo Köfer). Auch meist schon früh machbar sind Touren aufs Stubeck nahe Gmünd am Beginn des Maltatals, die Sepp Egarter beschreibt. Den grasbewachsenen Kosiak in den Karawanken empfiehlt Chris Wutte. In Südkärnten bietet sich der ebenfalls grasbewachsene Hochobir an (siehe Tipps von Michael Mautz). Und im Bereich des Nassfeldes gibt es, so Sepp Szöke, teils auf italienischer, teils auf österreichischer Seite etwa auf den Garnitzenberg, die Krone oder den Madritschenkopf mehrere ideale Saisonstart-Touren.
Kärntner Skiführer
und Ihre Touren-Tipps
Sepp Egarter:
Innerkrems (bis 2.336 m) & Stubeck (2.370 m)
„In der Innerkrems gibt es viele Möglichkeiten, um Touren über der Waldgrenze zu gehen und ehemalige Pisten zu nutzen. Das Gelände ist vielfach auch bei gar nicht so viel Schnee bereits befahrbar“, verrät Egarter. Tipps Innerkrems:
- Gaipahöhe (2.192 m) von Innerkrems via ehemaligem Skigebiet Blutige Alm auf die Gaipahöhe. Abfahrt am Aufstiegsweg.
- Grünleitennock (2.160 m) ab Innerkrems und Kesselgrubenalm auf den Gipfel (Skitourenlehrpfad). Abfahrt über ehemalige Skipisten.
- Großer Königstuhl (2.336 m), wobei, so Egarter, hier im obersten Bereich das Gelände vielfach sehr abgeweht und dadurch schneefrei sein kann. Zwei Varianten Richtung Königstuhl empfielt er: Ab Innerkrems, via Sauereggalm und Grünleitenscharte auf den Seenock und weiter via Königstuhlscharte Richtung Gipfel. Alternativ: Aufstieg und Abfahrt durch das Rosanintal ab/bis Dr. Josef Mehrl Hütte.
- Peitlernock (2.244 m) ab Innerkrems. „Ist die bekannteste, vielfach begangene Tour in der Innerkrems“, weiß der Bergführer.
Empfehlenswert und beliebt, am Beginn des Maltatals gelegen, ist das Stubeck (2.370 m):
- Ab Frido-Kordon-Hütte: Wobei der windexponierte Grat, so Egarter, oft abgeweht ist.
- Ab Leonardhütte: „Schöner empfinde ich die Route ab Leonardhütte auf das Stubeck. Hier ist allerdings die Anfahrt weiter und die Straße oft extrem vereist. Man muss damit rechnen, für die Zufahrt Schneeketten zu benötigen“, warnt er.
Sepp Egarter ist Berg- & Skiführer. Alpinschule 4 Jahreszeiten, Villach. www.bergbewegt.at
Michael Mautz:
Hochobir (2.139 m) & Topitza (1.649 m)
Im Südosten Kärntens befindet sich der Hochobir (2.139 m) als Skitourenberg mit vielen Facetten. Man kann zwischen mehreren Varianten für den Aufstieg und die Abfahrt wählen. Der Berg ist dem Hauptkamm der Karawanken vorgelagert und bietet einen herausragend schönen Panoramablick.
- Hochobir – klassisch ist die Route via Obiralm und Eisenkappler Hütte
- Hochobir – wunderschön ist es auch ab Schaidasattel
- Topitza (1.649 m) nahe Eisenkappel, als gemütliche Tour durch Idyllische Landschaft ab Luschasattel
Michael Mautz ist Berg- & Skiführer aus Wolfsberg. Alpinschule High Life, Klagenfurt. www.highlife.co.at
Sepp Szöke:
Garnitzenberg (1.950 m), Krone (1.832 m) u.a.
„Vom Nassfeldpass (1.530 m) ausgehend gibt es mehrere schöne, meist früh im Winter machbare Möglichkeiten“, erklärt Nassfeld-Insider, Bergführer Sepp Szöke:
- Garnitzenberg (1.950 m) – ab Passhöhe Forststraße Richtung Garnitzentörl, vor dem Törl rechts abzweigend auf den Gipfel. Abfahrtsmöglichkeit auf italienischer Seite Richtung Auernigalm. Alternativ ist so auch der Aufstieg möglich.
- Krone (1.832 m) – von der Passhöhe via Auernigalm und Ofenalm von Italien aus auf die Krone. Retour am Aufstiegsweg oder nördlich via Skipisten (sofern geöffnet).
- Madritschenkopf (1.918 m) I: Vom südlichen Ende des Nassfeld Sees am Biketrail „Livio“ und weiter bergwärts am Trail „Yannic“ südlich der Skipisten auf den Gipfel. Talfahrt auf der Skipiste (sofern geöffnet).
- Madritschenkopf (1.918 m) II: Via Winkelalm auf der italienischen Seite des Nassfelds, zuerst durch das Winkeltal und dann südlich des Madritschengupfs zum Gipfel. Talfahrt auf der Skipiste (sofern geöffnet).
- Gartnerkofel (2.145 m): Die Skitour auf den Gartnerkofel ist, so Szöke „oft am Saisonbeginn nicht ideal, weil der Schnee im oberen Bereich oft sehr abgeweht ist.“
Sepp Szöke ist Berg- & Skiführer aus Weissbriach bei Hermagor. +43-664-3372967, sepp.szoeke@gmail.com
Chris Wutte:
Kosiak (2.024 m), Bielschitza (1.958 m) u.a.
Als Autor mehrerer Skitourenführer kennt Bergretter Chris Wutte zahllose Skitouren in Kärnten und den Julischen Alpen bestens. Seite Favoriten für den Saisonstart sind:
- Kosiak (2.024 m): Ab Stouhütte (Parkplatz) im Bärental zuerst auf Forstwegen, dann durch einen prächtigen Kessel Richtung Klagenfurter Hütte und via Westschulter auf den Gipfel. Wichtig ist, so Wutte, sich im Bereich der Schulter aus Sicherheitsgründen nicht abseits nach rechts oder links zu bewegen. Abfahrt via Aufstiegsroute.
- Bielschitza (1.958 m) – bis zum Kessel gleicher Weg wie Kosiak, dann Richtung Süden auf die Bielschitza.
- Kosmatitza (1.659 m) vom Ausgangspunkt Gasthof Bodenbauer im Bodental via Märchenwiese (wunderschöner Talkessel) über die Ogrisalm auf den Gipfel.
- Der Kessel am Weg zum Kosiak bietet mit Ausgangspunkt Stouhütte weitere reizvolle, deutlich schwerere Touren auf Hochstuhl (2.237 m) oder Weinasch (2.104 m).
Chris Wutte ist Skitouren-Experte, Autor zahlreicher Skitourenführer und Bergretter. www.hike-n-bike.com
Flo Köfer:
Falkertspitz (2.308 m), Schoberriegel (2.208 m) u.a.
Der am Falkert in den Nockbergen aufgewachsene Flo Köfer nennt in seiner Heimat meist schon relativ früh machbare Touren, die alle relativ hoch starten. Sein Tipp zu Saisonstart bzw. für Skitouren-Einsteiger ist, den Falkert Skitourenlehrpfad zu nutzen. „Für den kommenden Winter unterziehen wir unseren Lehrpfad einem Relaunch, der ihn noch interessanter und attraktiver macht“, freut sich Köfer.
- Falkertspitz (2.308 m) I.: Via Sonntagstal, Falkertscharte und ehemaliger Bergstation des Spitzlifts zum Gipfel. Entlang dieser Route verläuft auch der sechs Stationen umfassende Skitourenlehrpfad. Abfahrt am Aufstiegsweg oder nord-westlich Richtung Skigebiet.
- Falkertspitz (2.308 m) II.: Im Nahbereich der Pisten des Falkertlifts Richtung Nord-Westen und via ehemaliger Bergstation des Spitzlifts zum Gipfel. Abfahrt auf der Vorderseite des Falkertspitz Richtung Skigebiet.
- Schoberriegel (2.208 m) auf der Turracher Höhe: Vom Turracher See via Bergstation des Weitentallifts oder via Weitental und Weitentalsattel auf den Gipfel.
- Steinnock (2.197 m): Von St. Oswald/ Bad Kleinkirchheim via Lärchenhütte auf den Gipfel.
Flo Köfer ist ehemaliger Freeride-Profi und Skiführer. Alpinschule Snowlove, Falkert. www.snowlove.at
Skitourenland Kärnten
Skitouren-Saison
Dezember/Jänner bis März/April/Mai – je nach Schnee- und Höhenlage der Tour
Skitourenführer von Chris Wutte
Kärnten Süd | Kärnten West
Zwei fundierte Führer mit je etwa 50 Skitouren. Erstellt unter Federführung des Kärntner Skitouren-Experten Chris Wutte.
Rother Bergverlag | € 15,40 (West) bzw. € 17,40 (Süd) | www.rother.de
Infos & mehr
- Kärntens Skitouren-Infoplattform: www.kaernten.at/skitouren
- Skitouren-Portal (etwa 200 Touren): www.touren.kaernten.at – Touren – Filter: Skitouren
- Lawinenwarndienst Kärnten: www.lawine-kaernten.at
- Pisten-Skitourengehen: Den Vorgaben der Seilbahnunternehmen ist unbedingt Folge zu leisten
- Auf Naturschutz- und Wildschutzzonen ist unbedingt Rücksicht zu nehmen
Skitouren-Regionen
SÜDKÄRNTEN
Zahlreiche attraktive Möglichkeiten in den Karawanken und den ihnen vorgelagerten Bergen, wie am Hochobir.
www.suedkaernten.at
VILLACH – FAAKER SEE – OSSIACHER SEE
Einfach: Dobratsch/Villacher Alpe, ab Heiligengeist oder via Alpenstraße bis Parkplatz Rosstratte (1.732 m).
Pistentouren: Gerlitzen Alpe ab Klösterle.
Mehrere klassische Skitourenberge.
www.visitvillach.at | www.naturpark-dobratsch.at
NASSFELD UND LESACHTAL
Die Karnischen und die Gailtaler Alpen bieten Skitouren ohne Ende an. Ein Hotspot ist das naturbelassene Lesachtal.
www.nassfeld.at | www.lesachtal.com
HOHE TAUERN
Eine enorme Fülle oft anspruchsvoller Skitouren stehen etwa von Mallnitz und Heiligenblut aus sowie in Seitentälern des Mölltales zur Wahl.
www.nationalpark-hohetauern.at
INNERKREMS & MALTATAL
Skitouren-Zentrum Innerkrems samt Nockberge-Trail. Zahlreiche Skitourenmöglichkeiten im Großraum Maltatal.
www.innerkrems.info | www.nockberge-trail.com | www.maltatal.com
MILLSTÄTTER SEE – BAD KLEINKIRCHHEIM – NOCKBERGE
Die Nockberge – Mirnock, Millstätter Alpe, Großer Rosennock, Bad Kleinkirchheim, Falkert, Turracher Höhe und Hochrindl – sind ein Skitourenparadies. Highlight: Nockberge-Trail.
www.millstaettersee.com | www.heidialm.at | www.badkleinkirchheim.at | www.turracherhoehe.at | www.hochrindl.at | www.nockberge-trail.com