Die Wechselbereitschaft von Tages- und Urlaubsgästen steigt beim Skifahren im Winter und beim Bergerlebnis im Sommer kontinuierlich. Einen strategischen Vorteil verschafft sich, wer auf innovative Gästebindung setzt, die immer öfter digital stattfindet. Aktuelle Trends und Orientierungshilfen dazu liefert der seit 2021 jährlich veröffentlichte Loyalty Report des international tätigen Kundenbindungsspezialisten Hello Again. Seilbahn- und tourismusspezifische Aspekte der Gästebindung haben wir mit Hello Again Gründer Franz Tretter besprochen.

Franz Tretter (im Bild) ist Gründer und CEO von Hello Again, einem auf digitale Kundenbindung, insbesondere mittels maßgeschneiderter App-Lösungen spezialisierten, international tätigen Unternehmens mit Hauptsitz Linz. www.helloagain.com

Seilbahnen International (SI): Kunden- bzw. Gästebindung wird immer wichtiger – warum?

Franz Tretter (FT): Es gibt überall mehr Angebot, das immer leichter vergleichbar ist. Das führt zu mehr Wechselbereitschaft. Ein weiterer Treiber der letzten Jahre waren die deutlichen Preissteigerungen. Deshalb wird es immer wichtiger, loyale Kunden zu halten und zu belohnen.

 

SI: Welche generellen Voraussetzungen sind zu schaffen, um Gästebindung zu betreiben?

FT: Grundsätzlich gilt – man sollte Maßnahmen in Richtung Gästebindung setzen, weil bei Stammgästen die Wirtschaftlichkeit in der Regel höher ist. Jedenfalls sollte man sich seine unterschiedlichen Gästegruppen genau ansehen und ihre Besuchsfrequenz analysieren. Die Form des Systems, etwa Stempelpass, Plastikkarte oder App, ist davon abzuleiten, was für die Gäste am besten passt. Auch wichtig ist, dass jede Art von System den Gästen gegenüber wertschätzend ist.

 

SI: Welche Rolle spielen die digitalen Möglichkeiten der Kunden-/Gästebindung?

FT: Eine ganz zentrale, weil die Menschheit digital geworden ist. So gut wie jeder hat ein Smartphone und damit digitalen Umgang. Gleichzeitig ist digital effizienter und kostengünstiger. Ein weiterer Vorteil ist, dass man dadurch kommunizieren kann, etwa mittels Push-Nachricht oder per E-Mail. Transparenz, etwa bezogen auf mögliche Vorteile für den Gast, ist ein weiterer Vorteil. Und man kann leichter zwischen den einzelnen Gästegruppen, etwa Senioren, Familien und Studenten, unterscheiden und mit ihnen jeweils anders kommunizieren. Deshalb werden kaum mehr nicht-digitale Systeme eingeführt und bestehende von analog auf digital umgestellt.

 

SI: Bedeutet das, dass man bestehende Gästebindungssysteme Richtung digital weiterentwickeln soll?

FT: Auf jeden Fall. Die ganze Welt ist am Smartphone. Alle anderen Systeme verlieren an Bedeutung.

 

SI: Wie geht man mit Menschen um, die digital ablehnen?

FT: Es ist leider so, dass man mit keinem System hundert Prozent der Menschen ansprechen kann. Wer digital grundsätzlich ablehnt, wird kaum zu überzeugen sein. Wir haben Kunden, die aus Kostengründen trotzdem nur noch digital per Push-Nachrichten agieren. Es gibt aber auch Fälle, wo zuerst eine Push-Nachricht gesendet wird. Wer dadurch nicht erreicht wird, bekommt ein E-Mail. Und wer auch die E-Mail nicht bekommt, erhält eine Post-Zusendung.

 

SI: Was sind die zentralen Erkenntnisse des aktuellen Loyalty Report 2024?

FT: Die digitale Durchdringung hat weiter zugenommen, generell und speziell bei der älteren Generation. Kunden, die an einem Loyalitätsprogramm teilnehmen, geben etwa 31 Prozent mehr aus als davor. 80 Prozent (plus 15 Prozent zum Vorjahr) der Kunden, quer über alle Branchen hinweg, wollen mindestens einmal pro Woche über Neuigkeiten und Angebote informiert werden. Der Wunsch, lieber öfter kurz als seltener detaillierter informiert zu werden, spiegelt das geänderte Kommunikationsverhalten wider.

 

SI: Was raten Sie bezüglich Informationshäufigkeit im Tourismus- und Seilbahnbereich?

FT: Öfter, dafür aber kleinere Info-Häppchen, gilt auch hier. Als erstes muss man sich seine Zielgruppen ansehen. Regionale Tagesgäste müssen öfter als Urlaubsgäste, die vielleicht nur einmal im Jahr kommen, angesprochen werden. Jedenfalls ist es wichtig, Berührungspunkte zu schaffen, die eher mehr als weniger Kommunikationsimpulse möglich machen, etwa Ostereiersuche, Adventkalender, Umfragen, Spielerisches u.v.m.