Zu uns kommen zahlreiche Einheimische, die sich fürs Klettersteiggehen interessieren, weil ihnen Wandern zu langweilig erscheint“, erzählt Sepp Egarter, Grandseigneur der Kärntner Berg- und Skiführer und Chef der Alpinschule 4 Jahreszeiten. Es dürfte der Wunsch nach sportlicher Herausforderung und intensiverem Bergerleben sein, der den Reiz ausmacht. „Überdies ist Klettersteiggehen sicherungstechnisch weniger aufwendig als klassisches Felsklettern“, betont der Bergführer. Weiters dürfte für das große Interesse eine Rolle spielen, dass Klettersteige sicher und risikolos erscheinen. Dass das schlichtweg falsch ist, wird oft ausgeblendet, lauern im Klettersteig doch deutlich mehr Gefahren als beim Wandern. Deshalb raten Experten, sich behutsam und professionell heranzutasten. Ein Schnupperkurs diene, so Egarter, dazu auszuprobieren, ob man sich im Klettersteig überhaupt wohl fühlt. In der Folge macht es Sinn, die entsprechende Ausrüstung zu erstehen und einen Grundkurs zu machen. Danach ist es ratsam, ohne Profi-Begleitung zahlreiche Klettersteigrouten im Klettergarten zu bewältigen, Erfahrung zu sammeln und die Fitness zu trainieren. Der Schwierigkeitsgrad sollte dabei nur behutsam gesteigert werden.

DIE EXPERTEN

Sepp Egarter (fürs Foto ohne Helm)
Staatlich geprüfter Berg- & Skiführer, Alpinschule Vier Jahreszeiten
www.bergbewegt.at

Michael Ibovnik
Bergsport Korak Villach
www.bergsport-korak.at

Alpine Touren als Herausforderung

„Von den Klettersteigen etwa am Kanzianiberg zu alpinen Touren mit Klettersteiganteil beispielsweise in den Julischen Alpen, ist es ein gewaltiger Schritt. Wir raten dazu, diesen professionell begleitet zu machen, weil die Herausforderungen, unter anderem im Abstieg, viel größer sind“, erklärt der Chef der Alpinschule 4 Jahreszeiten. Ist man mit einem Profi-Begleiter unterwegs, hat das den Vorteil, dass man während der Tour Infos, Tipps und falls nötig Hilfestellung bekommt und damit eine fundierte Basis für Touren ohne den Experten schafft. „Im alpinen Bereich kommen viele Komponenten zusammen. Es beginnt bei der Tourenplanung, um genau zu wissen, was einen erwartet und welche Ausrüstung man mitnehmen muss. Zeitaufwand, Wetter und Orientierung sind weitere Aspekte, ebenso wie lange Abstiege oft in steilem Schottergelände samt einzelnen ungesicherten, leichteren Kletterstellen“, begründet Egarter seinen Rat, solche Touren anfangs professionell begleitet zu unternehmen.

Experten-Tipps

So beliebt das Klettersteiggehen ist, so vielfältig sind mögliche Denkfehler und Wissenslücken bei Neueinsteigern aber auch bei passionierten Klettersteiggehern.

1. Klettertechnik statt hochhanteln am Stahlseil
„Klettersteig heißt auch Felsklettern, deshalb sind Grundfähigkeiten des Kletterns wichtig, denn es wäre unmöglich, sich einfach am Seil hochzuhanteln. Bewegungstechnik, sicheres Steigen, Körperhaltung, Bewegungskoordination, Beintechnik u.v.m. gehören dazu“, weiß der Bergführer.

2. Sicheres Umhängen & mehr
Das Umhängen der Karabiner des Klettersteigsets gehört zu den häufigsten Bewegungen am Klettersteig. Es muss trainiert werden und automatisiert erfolgen. „Die Karabiner sind gegengleich einzuhängen und nur einzeln umzuhängen, um immer gesichert zu sein“, erläutert Egarter. Einzeln Umhängen ist auch beim Überholen, das nur an moderaten Stellen erfolgen soll, wichtig.

3. Sicherung nur gegen Absturz
Wer das Klettersteigset korrekt verwendet, ist gegen einen Totalabsturz gesichert. Stürzen – einige Meter – bis die Sicherung auslöst, würde man allerdings, was meist zu von Fels und Klettersteig-Stahlteilen verursachten Verletzungen führt. Deshalb gilt: Stürzen verboten!

4. Nässe & Regen
Nässe, etwa weil es am Vortag geregnet hat oder es während der Tour zu regnen beginnt, steigert die Schwierigkeit deutlich und soll vermieden werden.

5. Gewitter
„Kommt man im Klettersteig in ein Gewitter, gilt KEINESFALLS aushängen, sondern eingehängt, so weit wie möglich vom Stahlseil entfernt, sicher stehen“, empfiehlt der Profi.

6. Tourenplanung & Abstiege
„Die Abstiege sind, etwa in den Julischen Alpen, sehr anspruchsvoll und weit. Sie müssen im Rahmen der Tourenplanung mitbedacht werden. Insgesamt soll die Tour als rundes sportliches Erlebnis und danach als schöne Erfahrung gesehen werden“, rät der Bergführer.

7. Klettersteig mit Kindern
„Für Kinder unter 40 kg Körpergewicht gibt es kein genormtes Klettersteigset. Daher ist es bei Kindern im Klettersteig Standard, sie zusätzlich durch einen kundigen Erwachsenen zu sichern. Und das muss gelernt und geübt werden“, so Egarter.

Klettersteig Know-how

INFOS
Klettersteigfibel des Kuratorium für Alpine Sicherheit www.alpinesicherheit.at | Edelrid-Kletterinfos www.edelrid.com

KURSE
Alpine Vereine (Alpenverein, Naturfreunde) | Bergsportschulen, wie die Sepp Egarters Alpinschule Vier Jahreszeiten | Staatlich geprüfte Berg- & Skiführer

TOUREN
www.bergsteigen.com (Rubrik Klettersteig) | www.touren.kaernten.at (Touren – Klettersteig)

KLETTERGÄRTEN
Klettersteige verschiedenster Schwierigkeit – Kanzianiberg, Peterlewand u.a.

Die Ausrüstung

Wer nach dem Klettersteig-Schnuppern mit Leihausrüstung mehr will, dem ist professionelle Ausrüstung empfohlen. Sie muss gut passen und angenehm in der Handhabung sein.

Basics

Ohne Klettersteigset, Klettergurt und Kletterhelm (Produkt-Tipps – siehe unten) sollte man in keinen Klettersteig einsteigen. Die genormte Grundfunktion aller Klettersteigsets ist gleich. Sie verhindert Totalabstürze und sorgt, richtig verwendet, dank Bandfalldämpfer, dafür, dass ein Sturz nicht ruckartig gebremst wird. Zentral für die Handhabung sind die Karabiner. „Man bedient sie auf einer Tour viele hunderte Male. Deshalb sollten sie optimal in der Hand liegen“, weiß Michael Ibovnik von Bergsport Korak in Villach. Der Klettergurt sollte gut passen, bequem aber nicht locker sitzen. „Man kann Sportklettergurte aber auch leichte, kaum gepolsterte Hochtourengurte verwenden. Ideal sind umfassend verstellbare Gurte“, rät der Bergsportprofi. Ergänzend zu Klettersteigset und Klettergurt ist eine Rastschlinge ratsam. Beim Helm gilt in erster Linie: er muss gut passen, was sehr individuell und nur mit Probieren feststellbar ist.

Empfohlen

Handschuhe (Half- oder Full-Finger), klettertaugliche Schuhe und ein klettergerechter Rucksack (Produkt-Tipps – Handschuhe, Schuhe, Rucksäcke – siehe unten) sind ratsam für bestmöglichen Schutz und maximalen Spaß im Klettersteig. Handschuhe schützen vor spitzem, rauem Fels und vor dem Stahlseil, von dem Drahtteile abstehen können und das stark sonnenbeschinen, sehr heiß werden kann. „Ob Half- oder Full-Fingermodelle ist Geschmacksache“, erklärt Profi Ibovnik. „Für Klettersteige sollte man felstaugliche Schuhe verwenden, Low-Cut-Zustiegsschuhe oder Bergschuhe. Wander- oder Trailrunningschuhe sind, weil sie zu weich sind, ungeeignet“, erläutert der Villacher. Rucksäcke sollten klettertauglich (schlank, keine abstehenden Teile, körpernah) sein.

PRODUKT-TIPPS

Getestet und kritisch hinterfragt von Oliver Pichler

I. Klettersteigsets

Zweiarmige Lebensretter

Doppelt ausdrehende Arme sind seit Jahren DIE Stärke des Kinetic Gyro Rewind Pro Klettersteigsets von Camp. Überarbeitet hat es nun einen kleineren, leichteren Bandfalldämpfer.
Camp – Kinetic Gyro Rewind Pro € 164,95
www.camp.it

Kein Verdrehen der Arme mehr verspricht das Cable Comfort TRI von Edelrid. Ein System mit 3 Gelenken machts möglich. Der Bandfalldämpfer ist klein und die Karabiner robust und leichtgängig.
Edelrid – Cable Comfort TRI € 145,–
www.edelrid.com

Es sind die leichten, großen, angenehm in der Hand liegenden Karabiner, die uns beim Ergo Tex Klettersteigset von Salewa begeistern. Alternativ gibt es auch ein Modell mit sich selbst aufrollenden Armen (Ergo Zip).
Salewa – Ergo Tex € 160,–
www.salewa.com

II. Klettergurte

Die Verbindung von Körper & Klettersteigset

Universell, komfortabel und vollständig verstellbar ist der Corax Klettergurt von Petzl. Gut gepolstert sind Hüftgurt und Beinschlaufen. Vier Schnallen bieten viel Größenflexibilität.
Petzl – Corax € 64,90
www.petzl.com

Klettergurte für Klettersteige sollten bequem, funktionell, flexibel-größenverstellbar und in Gehpassagen angenehm zu tragen sein. Escape heißt der Klettergurt von Camp, der uns diesbezüglich restlos überzeugt.
Camp – Escape € 79,95
www.camp.it

Wer einen leichten, sehr klein packbaren Klettergurt bevorzugt, wählt einen der speziellen Hochtourengurte, wie den Ortles Klettergurt von Salewa. Er ist minimalistisch, bequem und robust.
Salewa – Ortles € 80,–
www.salewa.com

III. Kletterhelme

Anprall- und Steinschlagschutz

Der superleichte Storm Helm von Camp ist ein gerade überarbeiteter Klassiker, dessen Passform herausragend ist.
Camp – Storm € 75,95
www.camp.it

Sirio heißt der leichte, angenehm am Kopf sitzende, bestens belüftete Helm von Climbing Technology.
Climbing Technology – Sirio € 97,50
www.climbingtechnology.com

Minimalistisch, superleicht und bequem präsentiert sich Black Diamonds Kletterhelm Vapor.
Black Diamond – Vapor € 150,–
www.blackdiamondequipment.com

IV. Handschuhe

Schutz vor Fels und Stahlseil

Es sind Klettersteig-Handschuhe aus robustem Ziegenleder, mit denen Climbing Technology Standards setzt. Ein Full- und ein Half-Fingermodell stehen zur Wahl.
Climbing Technology – Progrip (Full-), Progrip Ferrata (Halffinger) ab € 27,50
www.climbingtechnology.com

Dünn, doch robust, aus Kalbsleder, das an neuralgischen Punkten verstärkt ist, sind die Handschuhe von Edelrid. Es gibt Full- und Half-Finger-Modelle und eines mit freiem Daumen und Zeigefinger.
Edelrid – Skinny Glove (Full-), Work Glove Open (Halffinger), Work Glove Closed (Daumen & Zeigefinger frei) ab € 27,-
www.edelrid.com

V. Schuhe für Klettersteige

Felstauglich & robust

Von La Sportiva gibt es zahlreiche bestens für Klettersteige geeignete Modelle. Im Test top waren der neue Zustiegschuh TX 4 Evo und die Aequilibrium Bergsteigerschuhe.
La Sportiva – TX 4 Evo ab € 195,– | Aequilibrium GTX ab € 330,–
www.lasportiva.com

Auch Scarpa bietet eine Vielzahl an Modellen, die sich im Klettersteig sehr bewährt haben. Etwa die Mescalito-Familie als Zustiegschuhe. Und die Ribelle-Modelle als Bergsteigerschuhe.
Scarpa – Mescalito ab € 220,– | Ribelle HD ab € 360,–
www.scarpa.com

VI. Rucksäcke

Alles dabei ohne zu stören

Trad nennt Ortovox seine puristische, bequeme, funktionelle, für Klettersteige ideale Rucksacklinie, die es in vielen Größen, Gewichtsklassen, wasserdicht und für Damen bzw. Herren gibt.
Ortovox – Trad Kletterrucksäcke ab 18 Liter ab € 80,–
www.ortovox.com

Guide nennt Deuter die Hochtouren-Rucksacklinie, deren kleinere Modelle sich bestens im Klettersteig bewähren. Sie alle gibt es in Damen- und Herrenausführung.
Deuter – Guide Hochtouren-Rucksäcke ab 22 Liter ab € 145,–
www.deuter.com